06:00 Uhr Morgens, ein klarer Tag bricht an und die Stadt Huancayo reckt noch zaghaft ihre Glieder nach der vergangenen Nacht. Mein Fahrer parkt direkt vor dem Eingang der Bahnstation, nachdem mein Vermieter eine halbe Stunde vorher dieses Fahrzeug für mich organisiert hat.

Huancayo – niemals hätte ich einen Fuß in diese peruanische Großstadt der Andenregion gesetzt, wären da nicht ein paar Zeilen in einem vernachlässigten Reiseführer in einer Unterkunft in Ecuador gewesen. Nur zufällig bin ich beim Durchblättern an diesem eingerahmten kleinen Kästchen hängengeblieben, aber meistens sind es kleine Überraschungen, die zu erstaunlichen Dingen führen. Mit nur wenigen Worten wurde hier ein ominöser Macho-Zug in Peru erwähnt – doch genau dies war mein Stichwort.

Ich bin weder begeisterter Eisenbahn-Fan noch lege ich ein besonderes Augenmerk auf uniformierte peruanische Schaffner, aber dieser Zug hat meine Neugier geweckt. Beschrieben als launische alte Diesellok, „die losfährt und ankommt wann sie will“ – typisch Macho – wollte ich unbedingt, sobald ich in Peru bin, auf diesen alten Zug aufspringen. Eine Zugfahrt in dieser Höhenlage zu erleben, so eine Gelegenheit kommt bestimmt so schnell nicht wieder. Fern ab jeglicher Touristenströme windet sich die signalrote Lok auf dem Schmalspurgleis durch die atemberaubende peruanische Berglandschaft und braucht für eine Strecke von 130 Kilometern rund fünf Stunden. Wer es eilig hat, ist hier fehl am Platz, dafür gibt es reichlich Zeit um die herrliche Landschaft zu genießen und die zahlreichen engen Eisenbahntunnel zu bestaunen.
Im Nachhinein erst habe ich verstanden, warum dieser Attraktion in den Reiseführern so wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird: Kaum ein Reisender ist so verrückt, um die Strapazen einer Anti-Touristenroute auf sich zu nehmen um einen Zug zu erwischen, der nur zweimal in der Woche fährt und noch immer zigtausenden Peruanern im hochalpinen Hinterland als Lebensader dient. Der Zug war voll, und wie zum Beweis war ich die einzigste Ausländerin, die eingestiegen ist.

So ganz ohne Pläne wollte ich mich allerdings nicht auf dieses Abenteuer einlassen. Meine Recherche vorab hat mich belehrt, ja rechtzeitig (und damit ist spätestens 05:00 Uhr Morgens gemeint) am Bahnhof zu sein, um überhaupt ein Ticket für diesen Zug zu ergattern – die Warteschlange ist lang. Ich habe allerdings ein Experiment gestartet, indem ich schon einen Tag vorher die Bahnstation ausfindig gemacht habe und mit Hilfe eines alten Mannes – dessen Namen ich nie erfahren werde, da er mir bedeutet hat stumm zu sein – ein Ticket für den nächsten Tag kaufen konnte. So blieb mir eine lange kalte Wartezeit in der Nacht erspart, umso größer war meine Freude, als ich den alten Herren am nächsten Morgen voller Stolz in Uniform in der Abfertigungshalle wiedergetroffen habe. Nachdem ich ihn begrüßt und ihm aus Dankbarkeit für seine Hilfe am Tag zuvor ein kleines Trinkgeld in die Hand gedrückt habe, hat mich dieser galante Senior doch tatsächlich an seinem Arm bis zu meinem Waggon geführt und mich dort mit einem Augenzwinkern verabschiedet. Mit einem Lächeln steige ich ein, drehe mich noch einmal um und winke zum Abschied.
Zusätzlicher Tipp: Gegen ein Trinkgeld und bei höflicher Nachfrage besteht eventuell sogar die Möglichkeit, bei den Zwischenstopps vorne auf die Lok aufzusteigen und so eine noch intensivere Zugreise zu erleben.
Tren Macho: Ein ganz besonderes Highlight meiner Reise, einsteigen und staunen. Gracias.
Ein Gedanke zu “Tren Macho: Ein Streifzug über die Anden”
Die Kommentarfunktion ist geschlossen.